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Blockchain

In diesem Kapitel setzt sich Dennis Hillemann mit der Blockchain-Technologie auseinander und gibt einen Einstieg in technische Grundlagen und Anwendungsfälle, insbesondere im rechtlichen Kontext.

Sechs Schritte

Doch wir beginnen mit einer Erklärung der Funktionsweise in sechs Schritten:

Erstens: Blockchain ist nicht gleich Bitcoin

Blockchain ist nicht gleich Bitcoin! Der Bitcoin, eine sogenannte Kryptowährung, die spätestens seit der rasanten Kursentwicklungen 2018 und 2021 auch einer breiteren Öffentlichkeit bekannt ist, und die zu Grunde liegende Bitcoin-Blockchain sind nur eine von vielen Anwendungsmöglichkeiten der Blockchain-Technologie.

Doch die Entwicklung von Bitcoin ist der zentrale Ausgangspunkt für die Entwicklung der Blockchain-Technologie: Bitcoin geht zurück auf ein 2008 unter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto veröffentlichtes Paper, das die Idee für ein neues elektronisches Zahlungssystem vorstellte („Bitcoin: A Peer-to-Peer Electronic Cash System“). Dieses Zahlungssystem zeichnet sich dadurch aus, dass die Transaktionen nicht mehr wie bisher über eine Bank als vertrauenswürdige Instanz abgewickelt werden, sondern alle Teilnehmer der Blockchain an der Verifikation beteiligt sind. Im Nakamotos dezentralen System steht ein Peer-to-Peer-Netzwerk im Mittelpunkt, um die Richtigkeit der Daten zu bestätigen. Wenige Tage nach der Veröffentlichung des Papers erschuf Satoshi Nakamoto den ersten Bitcoin - die erste Blockchain war geboren.

Ausgehend von dieser ersten Blockchain wurden unterschiedliche Blockchain-Anwendungen entwickelt. Durch Veränderung der bestehenden Prozesse und Ergänzungen entstanden viele verschiedene Blockchains, die auf bestimmte Anwendungsfälle zugeschnitten sind. Allen entwickelten Lösungen bleibt eines gemein: eine dezentrale, unveränderliche Datenbank, die ohne vermittelnde Instanz oder Intermediäre arbeitet.


Zweitens: Blockchain ist die Technologie eines digitalen Registers

Blockchain ist eine Sonderform der sogenannten Distributed-Ledger-Technologie (DLT). Ledger ist der englische Begriff für das Hauptbuch in der Buchhaltung. Ein Hauptbuch ist – vereinfacht gesagt – ein Register, in dem alle Transaktionen gespeichert werden.

Distributed-Ledger ist die Bezeichnung für ein dezentrales Hauptbuch. Die Blockchain stellt auf den ersten Blick eine Art digitales Register dar, dass dezentral verteilt ist und technologisch hohe Datensicherheit aufweist und ohne eine zentrale Instanz arbeitet. Dieses Register erfüllt die gleichen Funktionen wie eine Datenbank und speichert einzelne Transaktionen ab.

Beispiel: Stellen Sie sich vor, Sie möchten mit Freunden Ihre eigene Tauschwährung benutzen und müssen jede Transaktion aufzeichnen, um den Überblick zu behalten. Wie können Sie über etwas Wichtiges Buch führen und dabei sichergehen, dass niemand die Einträge fälschen kann? Vielleicht entwerfen Sie als erstes eine einfache Liste, auf die jeder zugreifen kann und die Transaktionen einträgt:

- A gibt B 2 Münzen
- B gibt C 5 Münzen
- C B gibt D 3 Münzen

Wenn jetzt C aber ein „schwarzes Schaf“ ist, kann er die Liste manipulieren: Er hat im letzten Eintrag seinen Namen durch „B“ ersetzt. Nun erweckt die Liste den Anschein, als hätte C 5 Münzen von B erhalten, aber keine einzige abgegeben. Sein Ausgangsguthaben wäre insgesamt um fünf Münzen gestiegen. Es gibt keine Möglichkeit, anhand der Liste festzustellen, ob die Änderung von C zu B eine unzulässige Manipulation ist oder nicht. Vor allem gibt es keine Möglichkeit, die Manipulation zu verhindern.

Drittens: Bei der Blockchain-Technologie werden Daten nicht zentral gespeichert

Bisher finden sich Daten zumeist zentral bei einem Teilnehmer einer Transaktion bzw. bei einem dritten Mittelsmann. Durch diese zentrale Speicherung entstehen sog. „Datensilos“, bei denen jeder Anwender seine Daten für sich an einem von ihm definierten Ort verwahrt, wie dem eigenen Computer, einem gemeinsamen Server oder einer Cloud. Ein anderer Akteur, wie z.B. ein Handelspartner oder eine Kontrollbehörde, hat bei einer solchen zentralen Speicherung keine Sicherheit darüber, dass die vorgelegten Daten nicht im Nachhinein verändert wurden. Um den Daten zu vertrauen, muss unter diesen Umständen Vertrauen in die die Daten speichernde bzw. vorlegende Institution bestehen.

Um dieses Vertrauen herzustellen, werden im Regelfall Intermediäre eingeschaltet, die für die Authentizität und Richtigkeit der Daten garantieren. Beispielsweise übernehmen Banken im Finanzsystem diese Rolle. Diese verwalten Konten zentral und geben Auskunft über die Guthaben der in Frage stehenden Konten, Depots, etc.

Sie halten also ein zentral bei Ihnen gespeichertes Verzeichnis über die relevanten Vorgänge. Sie geben als „unabhängige Dritte“ eine Gewähr für die Autoreneigenschaft und Richtigkeit der Daten. Diese Institutionen können auch technologieneutral und branchenübergreifend, wie TÜV-Zertifizierungseinrichtungen, tätig sein. Wenn ein Produkt oder eine Dienstleistung zertifiziert ist und bestimmten Anforderungen entspricht, vertraut der Käufer oder der potenzielle Kunde auf die Aussage einer bestimmten vertrauenswürdigen Institution.

Nach diesem „alten“ Verständnis müssten Sie einen Intermediär einschalten und z.B. ein Konto bei einer Bank anlegen. Die Bank würde für die Richtigkeit der Daten garantieren. Das würde allerdings Kosten verursachen und Sie müssten ständig mit der Bank kommunizieren. Außerdem könnten Sie bei der Bank nur „offizielles“ Geld anlegen. Ihr privates Tauschnetzwerk mit eigenen Münzen würde nicht funktionieren.

Die Blockchain schafft genau hierfür eine Lösung. Durch ihre strukturellen und technischen Eigenarten können Daten, die bei einer Kommunikation bzw. Transaktion generiert werden, derart sicher aufgezeichnet werden, dass die Beteiligten den Daten vertrauen können, ohne dass es eines Intermediär bedarf.

Eine Blockchain besteht aus kryptografisch miteinander verketteten, und damit vor nachträglichen Veränderungen geschützten Datenblöcken, auf deren Inhalt sich die Nutzer eines Netzwerkes zuvor geeinigt haben. Sie wird nicht an einem zentralen Ort wie einem Server gespeichert und verwaltet, sondern bei vielen Nutzern als identische Kopie hinterlegt. Durch die dezentrale Struktur des Netzwerkes gibt es für Angreifer kein eindeutiges Ziel. Störungen, Ausfälle oder Abschaltung einzelner Teilnehmer können einfach kompensiert werden, indem auf Verbindungen zu anderen Teilnehmern ausgewichen wird. Auch vor Datenverlust schützt die vielfache, dezentrale Speicherung.

Bei einer Blockchain entsteht Vertrauen also in die Technologie, nicht die Institution. Vereinfacht ausgedrückt, ermöglicht Blockchain die direkten Transfers von Werten und Daten, die sicher und nicht manipulierbar sind. Dadurch entfällt die Notwendigkeit von Mittelsmännern. Das gelingt der Blockchain-Technologie durch sogenannte Peer-to-Peer-Datentransaktionen (P2P). Damit greifen wir etwas vor. Zu den Punkten kommen wir nochmal genauer zurück.

Bei den bekannten Peer-to-Peer Plattformen wie Airbnb oder eBay, welche eine Art digitales „schwarzes Brett“ bereitstellen, handelt es sich nicht um eine derartige dezentrale Technologie: Hier besteht im Wesentlichen das Vertrauen weiter in den Plattformbetreiber, der die Regeln für die Nutzung der Plattform aufstellt und deren Einhaltung kontrolliert – würde es einer der Plattformbetreiber zulassen, dass auf der Plattform z.B. häufig betrügerisch gehandelt wird, könnte die Plattform das Vertrauen verlieren.

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Dennis Hillemann
Dennis Hillemann

Dennis Hillemann ist Partner der Kanzlei Fieldfisher in Hamburg. Als Fachanwalt für Verwaltungsrecht berät er Ministerien, Behörden und Unternehmen im Öffentlichen Recht, häufig auch auf der Schnittstelle zu modernen Technologien wie Blockchain. Dennis hat zwei eigene Podcasts "Recht im Ohr" und "Law of the Future".

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